Zuletzt aktualisiert am 11. November 2021
Heute gibt es das große Finale der „Wanderblogger im Interview“ Reihe! Mein letzter Interviewgast ist Martin von gehlebt.at. Martin ist Buchautor, Blogger und Weit-
wanderer und ist dementsprechend oft und gern in der Natur unterwegs. Ich habe Martin bereits ein paar Mal persönlich getroffen und wir haben uns gleich super verstanden. Letzten November waren wir auch endlich einmal gemeinsam wandern (meinen Bericht darüber findest du hier und seinen Bericht inkl. Vorgeschichte hier). Martin ist genau so sympathisch, witzig und locker, wie er auch in seinen Büchern und auf seinem Blog rüberkommt!
Heute im Interview: Martin von gehlebt.at
Martin Moser, junggebliebener 87er Jahrgang, hat sein Leben dem Wandern und den Bergen im wahrsten Sinn verschrieben. Er verfasst Wanderbücher, schreibt Texte über Wander- und Weitwandertouren, ist ab und zu in der Outdoorabteilung der Buchhandlung freytag & berndt in Wien zu finden und ist im Naturschutz verankert. Auf seinem Blog www.gehlebt.at stellt er nach und nach Weitwanderwege in Österreich und Europa vor und berichtet über Outdoor-Literatur und Nationalparks.
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1. Wann und wie bist du zum Wandern gekommen?
Das Wandern hat mich in meiner Kindheit immer wieder mal begleitet, aber eher im sehr entspannten Rahmen bei gemütlichen Familienausflügen. Im Alter von etwa 14 Jahren stieg ich das erste Mal auf einen richtigen Berg, über den Naturfreundesteig auf den Traunstein in Oberösterreich. Dann war einige Jahre Pause. Im Laufe meines Studiums befasste ich mich immer mehr mit den Themen einfaches und bewusstes Leben sowie der Verringerung des ökologischen Fußabdrucks. Irgendwann besuchte ich einen Vortrag von Gregor Sieböck, welcher mehrere Jahre lang zu Fuß durch die Welt umhergewandert ist. Zum Wandern habe ich jedoch noch immer nicht begonnen. Erst im Jahr 2010 fasste ich den Entschluss, meinen Sommer am Spanischen Jakobsweg zu verbringen. Ich wanderte und wanderte, nach über 900 Kilometern war es um mich geschehen. Wandern bestimmt seither mein Leben und hat sich in den letzten Jahren zu meinem Leben und glücklicherweise auch zu meiner Einkommensquelle entwickelt.
2. Was ist für dich das Besondere am Wandern?
Es gibt viele Facetten, warum Wandern besonders sein kann. Umgebungen, Jahreszeiten, Gefühle beeinflussen die Empfindung der Besonderheit. Aber allumfassend gesagt: Das Besondere am Wandern ist das pure Gehen. Irgendwo habe mal ich gelesen, dass nur das Gehen die ideale Geschwindigkeit für die Seele ist, man der Seele nicht entflieht. Ich kann dies aus eigener Erfahrung bestätigen.
3. Was war deine bisher schönste Wanderung?
Auch wenn sie im Nachhinein gesehen landschaftlich meist nicht besonders ansprechend war und sich auch der Einsamkeitsfaktor in Grenzen hielt, bezeichne ich noch immer die Wandertour am Jakobsweg als meine schönste Wandertour. Wahrscheinlich einfach weil sie meine erste große Tour war und die Weichen für mein weiteres Leben gestellt hat. Klammere ich diesen Aspekt aus, zählt unsere zehntägige Tour vom Daham zum Dahoam mit der Vierbeinerin Pirie vor fünf Jahren zu den schönsten Touren. Auch unglaublich schön und intensiv war meine zweitägige weglose Überquerung des Toten Gebirges.
4. Wo möchtest du unbedingt einmal eine Wanderung machen?
Eine Frage, die unmöglich mit einem Wort beantwortet werden kann. 😀
Also unbedingt im Meraner Land in Südtirol, schon alleine aus dem Grund, weil dort ein Wanderbuchprojekt für mich ansteht. Ein weiterer Wanderwunsch wird heuer im Sommer mit einer Tour in den Pyrenäen erfüllt. Dann gibt’s da noch so nette Gegenden wie Patagonien, Kamtschatka, Neuseeland, Skandinavien, Kaukasus, Kanada oder das Marchfeld. Letzteres ist nicht als Scherz gedacht. 😉
5. Wie sieht deine Tourvorbereitung aus?
Wanderkarten besorgen, Streckenlänge und Höhenmeter raussuchen, Unterkünfte rausfiltern und anfragen, Öffi-Verbindungen checken. Bei Bedarf werfe ich noch einen Blick in einen Wanderführer, besuche einschlägige Wanderblogs und lese Berichte bzw. starte eine kurze Websuche. Kurz vor der Tour noch Wetterberichte abgleichen.
6. Welche Ausrüstung darf bei keiner Wanderung fehlen?
Wasser, passende Wanderkarten, Müsliriegel, Maultrommel. Nicht alle Ausrüstungs-gegenstände sind ein Muss (außer Wasser, passende Wanderkarten und Müsliriegel).
7. Hast du Tipps für Wanderanfänger?
Gehe einfach mal drauf los, mute dir jedoch nicht zuviel zu. Der Grat zwischen Freud und Leid und in weiterer Folge zwischen Motivation und Unlust ist bei Wander-anfängerInnen besonders schmal. Gehe dein Tempo, hetze dich nicht. Und achte auf passendes Schuhwerk. Hast du keine Ahnung, welche Schuhe für dich geeignet sind, lasse dich in einem Spezialgeschäft beraten. Ich selbst habe lange Zeit Schuhe von Waldviertler verwendet, bzw. verwende sie teilweise noch immer.
Achte auch besonders auf das, was du in deinen Rucksack packst. WanderanfängerInnen nehmen bei Mehrtagestouren meist viel zu wenig oder viel zu viel auf Tour mit. Aber im Laufe der Zeit wirst du schon selbst darauf kommen, was du persönlich brauchst oder nicht brauchst.
8. Wie kam es zur Idee von gehlebt.at?
So ganz kann ich die Idee nicht mehr nachvollziehen. Ich arbeitete 2011/2012 an meinem ersten Buchprojekt und ich dachte mir wohl, dass ich sowas wie eine Präsentationsplattform brauche, über Geh- und Wandertouren berichte und somit auch Anreize für Wandertouren geben kann. Ungefähr so muss es gewesen sein. Wandern macht mich glücklich, doch genauso erfreut bin ich, wenn ich durch meine Touren und Bücher andere zu Wanderungen motivieren kann. Der Blog gehlebt.at war geboren.
9. Hast du Vorbilder, was das Wandern oder Bloggen angeht?
Als großes Wandervorbild dient für mich Gregor Sieböck, den ich mittlerweile schon des Öfteren treffen durfte und interessante Gespräche fuhren konnte. Er hat mich mit seinen Fotovorträgen und Erzählungen zum Wandern gebracht.
Es gibt viele Blogs, die ich wirklich toll, wenige die ich absolut genial finde. Vorbilder gibt es jedoch trotzdem keine. Ich mache mein eigenes Ding am Blog, versuche mich nicht verbiegen zu lassen und keinen „Regeln“ zu folgen. Habe ich keine Lust zu schreiben, schreibe ich nicht. Habe ich Lust, schreibe ich. Auch vernachlässige ich gerne mal meine Social-Media-Auftritte über mehrere Tage oder Wochen. Bin mir also nicht besonders sicher, ob sich jemand mich als Vorbild aussuchen sollte. 😀
10. Inwiefern hat Wandern dein Leben verändert?
Ich habe aktuell fünf Rucksäcke im Schrank hängen, vier verschiedene Wander- und Bergschuhe im Regal stehen und habe sechs Mal die Sohlen meiner Waldviertler-Schuhe erneuern lassen. Abgesehen dieser Aufrüstungs- und Verschleißerscheinungen, hat mich das Wandern den Respekt gegenüber der Natur gelehrt und sorgt seit einiger Zeit für meinen Lebensunterhalt. Das Wandern hat mich jedoch nicht nur wochenlang in die Natur geführt, sondern auch wochenlang vor den Laptop geschnallt, wie beim demnächst erscheinendem Buch „Von Hütte zu Hütte in den Wiener Hausbergen“. Kann mir im Moment absolut kein anderes Leben vorstellen, es geht im wahrsten Sinn ganz gut voran.
Danke für das Interview, lieber Martin!
Die wunderschönen Fotos wurden von gehlebt.at bereitgestellt.